Stralsunder Geschichtsverein

Auf der Volkswerft: Werner Schulz

Werner Schulz erinnert sich an sein Arbeitsleben auf der Volkswerft

Geboren am 18. Dezember 1921 in Altbork, einem ca. 9 km südwestlich von Kolberg gelegen Bauerndorf (heute  poln. Stary Borek),. Er erlernte auf einem Gut den Beruf eines Schmieds. Nach Militärzeit und mehrjähriger russischer Gefangenschaft, aus der er im Juli 1948 entlassen wurde, gelangte Walter Schulz als Vertriebener in die Gemeinde Rollwitz (heute Landkreis Vorpommern-Greifswald). Auf eine Anzeige in der Zeitung „Neues Deutschland“  bewarb er sich 1949 auf der Stralsunder Volkswerft. Sein erster Arbeitstag war der der 3. November 1949. Kurz danach, am 6. November 1949 wurde der erste Logger RL 401 auf den Namen Oktoberrevolution getauft (Näheres über diese Zeit auf der Volkswerft können Sie der Publikation „Die Loggerfabrik am Strelasund, Auferstanden aus Ruinen, von Werner Ortlieb und Jörg Matuschat in den Stralsunder Heften für Geschichte, Kultur und Alltag, Ausgabe 2012, Seite 80 bis 85 nachlesen). Zusammen mit anderen männlichen Kollegen , bewohnte er zunächst eine Stube in der ehemaligen Kaserne auf dem Dänholm. Erst nach seiner Heirat und der Geburt seiner Tochter im März 1951, bezog er zusammen mit seiner Frau eine Einzimmerwohnung in der Sarnowstraße. Ursprünglich als Schmied eingestellt, war er später in der Verformung (Schiffbauteilefertigung) an der Vier-Säulen-Presse beschäftigt.  Dort arbeitete er als Maschinenarbeiter, arbeitete sich hoch zum Arbeitsgruppenleiter und Arbeitsschutzobmann, und wurde mehrfach für seine Verbesserungsvorschläge belohnt und mit Urkunden geehrt  Er war auf der Volkswerft bis zu seiner Invalidisierung mit 61 Jahren im Oktober 1982 beschäftigt. 

Hinweis: Bei den folgenden Testpassagen handelt es sich um erste Ausschnitte zweier Interviews vom 8. und 20. Juli 2022. Die beiden Interviews mit Herrn Werner Schulz wurden von Herrn Christoph Freiherr von Houwald geführten. Weitere Abschnitte werden nach und nach veröffentlicht.

v.H: Wir haben jetzt gerade darüber gesprochen, dass sie am 3. November 1949 ihren ersten Arbeitstag auf der Werft hatten. Gewohnt haben Sie auf dem Dänholm.
W.S. ja, Block 1, Hausmeister Krüger, das war `n ganz Gewissenhafter, hatte alles im Griff
v.H.: Dort haben Sie gewohnt mit mehreren jungen Männern.
W.S. 6, ja 6, alles Vertriebene und die kriegten Arbeit auf der Volkswerft. Und da die Quartiere von Stralsund und so weiter alle voll waren, kriegten wir jetzt auf dem Boden in der Kaserne …, und da wurde denn ein Bett hingestellt und da wohnten wir denn. 
v.H.: Sie waren bei der ersten Loggertaufe dabei…
W.S.: ja, das war geschweißtes Schiff  (E-Schweißung), das andere war vorher alles mit Nieten…..
v.H.: Wann mussten Sie morgens aufstehen?
W.S.: Ooh, fünfe oder halb sechse, 
v.H. Bekamen Sie dort Frühstück
W.S.: ja, ja da war die zweite Kaserne, da war ein Konsum drin, Dort konnte man einkaufen, mit Marken, und da mussten wir uns selbst verpflegen. Mittags gab’s warmes Essen auf der Werft, im 3-Schichten-System. Jede Schicht hatte eine Küchenbesatzung. Und dort gab es mehrere Gerichte, frisches Essen.
v.H.: Sind Sie gut verpflegt worden?
W.S.: ja, das war das alles
v.H.: Und wie war die Kameradschaft unter den Mitbewohnern? Wenn so viele junge Männer zusammen kommen?
W.S.: ja, die war so, ja. ja…So jung waren wir alle nicht, ich war der jüngste wieder mit.
v.H.: Wo kamen die anderen Mitbewohner her?
W.S.: …Von Grimmen, Anklam und von, von, hier von …
v.H.: Aus Pommern…
W.S.: … und hatten auch verschiedene Berufe, nicht dat sie alle nur Schlosser waren oder Schmiede, nein, die wurden auch erst neu angefangen mit dem Beruf. Da war meist eine Hauptperson, und das andere, zwei, drei Mann waren ohne Beruf. Und mit der Zeit konnten die das auch …. 
v.H.: Und sind Sie mit der Fähre zur Werft gefahren worden, mit dem Boot?
W.S.: Nein, nein. Auf dem Dänholm ist doch der Rügendammbahnhof, und dann kommt die Brücke, die war damals wiederhergestellt ….
v.H.: Und Sie haben als Schmied angefangen…
W.S.: Ich war als Schmied angefangen. Und da ich nicht mehr als Schmied den Beruf weiter machen konnte,  wegen mit die Massenarbeit, da war der erste Vorschlag…. an meiner (Feuer-)Esse, hinter meinem Rücken wurde eine Maschine hingestellt … dies war so eine Nietmaschine. Die Schiffe wurden damals noch genietet….Und die wurde nicht gebraucht. Und jetzt stand die da. „Und jetzt ich mit meinen Kloppen hier …“ … habe ich mir die Maschine angeguckt und meinen ersten Vorschlag gemacht… Ein Bolzenfertighalter … Vorher brauchte man 30 Hammerschläge, und  jetzt ohne einen Hammerschlag. Das war der Anfang…, das gab mir immer wieder neue Triebe, am Wochenende oder Nachts konnte ich dann richtig ausarbeiten. Und dann habe ich das wieder umgesetzt, aufgeschrieben und eingereicht und die haben das dann weiter bearbeitet, bis das das fertig war. Und dann wurde das gefördert, den Verbesserungsvorschlag. Dann habe ich eine Prämie, eine Urkunde bekommen.
v.H.: Wie viele Stunden mussten Sie arbeiten auf der Volkswerft?
W.S.: 8 Stunden, kommt auf die Schicht drauf an…..
v.H.: Ihr Arbeitsplatz war die Schmiede, da war es dann wahrscheinlich heiß?
W.S.: nein, da war es kalt und viel Lärm., die Ohren waren taub und haben gejuckt. Die Spätschicht zu Ende, dann haben die Ohren gejuckt und getrommelt.
v.H.: Gab es Ohrenschutz?
W.S.: ja. ja später auch. Ich hatte auch sehr viele Unfälle.
v.H.: Wie viele Kollegen hatten Sie?
W.S.: Da waren 6 Personen, jede Schicht drei. Und dann wurden die Aufträge größer. Und dann konnten wir Lehrlinge von der BBS beschäftigten, die mussten auch durchlaufen. Und so waren wir mit 14 Personen. Es waren genug Nebenarbeiten, Brennarbeiten und Beulen zu verrichten….. Wir hatten eine 250 Tonnen Hydraulik zum Verformen

Als Lothar geboren wurde (3. Mai 1953), waren in meinem Betrieb, die Volkswerft, heftige Auseinandersetzungen wegen der Norm. Die Stunden für die Aufträge sollten um 10 % gekürzt werden. Dann war der 17. Juni 1953. Die Russen stellten sich mit Waffen vor den Ausgang der Werft. 

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